Doping im Freizeit- und Fitnesssport

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Das Jahr 2016 neigt sich langsam dem Ende entgegen und unter den sportlichen Höhepunkten der vergangenen zwölf Monaten waren mit Sicherheit die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Gebannt wurden die Wettkämpfe der Athleten und die Entscheidungen von den sportinteressierten Zuschauern in aller Welt verfolgt. Die jeweiligen Sieger strahlten bei den Siegerehrungen mit ihren Medaillen um die Wette. Ein Fest des Sports. Allerdings wurden die Spiele von Rio 2016 von einer um sich greifenden Dopingproblematik überschattet. In den Medien war von „Staatsdoping“ und von einem „professionellen Doping-Netzwerk“ die Rede, teilweise wurden Sportler aufgrund eines Dopingverdachts von den Spielen ausgeschlossen oder ihnen wurde die Teilnahme schon im Vorfeld verweigert. Das sind sicherlich erschreckende Meldungen, aber wer bei dieser Berichterstattung denkt, Doping ist nur ein Problem im (Hoch-)Leistungssport oder bei Olympia, der irrt.

Ist Doping auch ein Problem im heimischen Fitnessstudio?

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Doping gibt es auch im Freizeit- und Fitnesssport.

Die Problematik „Doping“ beginnt immer öfter schon im Fitnessstudio um die Ecke. Mehrere Studien und Befragungen konnten belegen, dass inzwischen immer mehr Freizeit- und Fitnesssportler zu leistungssteigernden Mitteln greifen. Stehen im (Hoch-)Leistungssport der sportliche Erfolg, übersteigerte Erfolgsorientierung und finanzielle Aspekte im Vordergrund, sind die individuelle Leistungssteigerung, das Erreichen von schnelleren Trainingserfolgen und die Verbesserung des äußeren Erscheinungsbilds vorherrschende Dopingmotive im Freizeit- und Fitnesssport.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2011, bei der Mitglieder verschiedener Fitnessstudios im Großraum Frankfurt befragt wurden, greifen rund 20 Prozent der Trainierenden zu unerlaubten Hilfsmitteln, um ihre sportlichen Ziele schneller und einfacher zu erreichen. Besonders Männer neigen häufiger als Frauen dazu, ihren Trainingserfolg mit verbotenen Substanzen zu optimieren. Ob sich diese Ergebnisse auch auf die bundesweite Fitnessszene übertragen lassen, sei dahingestellt. Erschreckend sind sie allemal.

Wann fängt Doping im Freizeitsport an?

Nun stellt sich in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Frage, was denn eigentlich unerlaubte Hilfsmittel sind. Was versteht man unter Doping? Betrachtet man diese Frage aus dem Blickwinkel des (Hoch-)Leistungssports, ist die Antwort sehr pragmatisch: unter Doping fällt alles, was auf der Dopingliste der WADA (World Anti-Doping Agency) steht. Da es im Freizeit- und Fitnesssport keine derartige Dopingliste gibt, ist hier die Beantwortung dieser Frage etwas schwieriger. Die Grenzen sind fließend. Im Freizeit- und Fitnesssport ist der Einsatz von Dopingwirkstoffen weniger als Doping denn als Arzneimittelmissbrauch zu sehen. Wobei man mittlerweile auch feststellen kann, dass zur individuellen Leistungssteigerung vermehrt klassische Dopingmittel aus dem (Hoch-)Leistungssport, die unter dubiosen Bedingungen in Hinterhoflaboren zusammengepanscht oder im Ausland auf dem Schwarzmarkt beschafft werden, in der hiesigen Fitnessszene illegal zum Einsatz kommen. Das Problem bei diesen Substanzen ist, dass sie häufig nicht das enthalten, was drauf steht. Dadurch entstehen zusätzliche gesundheitliche Risiken aufgrund von Verunreinigungen und Fehldosierungen.

Kein Doping ohne Nebenwirkungen

Aber egal, ob nun Medikamente nicht gemäß ihrer Bestimmung verwendet oder missbraucht werden, oder ob auf fragwürdige Präparate aus dubiosen Hinterhoflaboren zurückgegriffen wird. Jegliche Form von Doping birgt ein sehr hohes gesundheitliches Risiko für den Anwender. So steigert beispielsweise das in der Bodybuilder-Szene für die Förderung von Muskelwachstum bei gleichzeitigem Abbau von Fettgewebe beliebte „humane Wachstumshormon“ (hGH) unter anderem das Risiko einer Diabetes-Typ-2-Erkrankung. Außerdem kann es zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Auch eine Erhöhung des Krebsrisikos wird diskutiert.

Anabolika können grundsätzlich, neben den kardiovaskulären Risiken wie Schädigung des Herzmuskels, Herzinfarkt und Schlaganfall bei Männern zu Impotenz sowie einer Hodenverkleinerung führen. Bei Frauen besteht die Gefahr von Virilisierung (Vermännlichung). Andere Mittel greifen massiv in das Hormonsystem ein oder belasten die Organe bis zum Versagen. Immer wieder kommt es in der Fitness- und Bodybuilder-Szene zu überraschenden Todesfällen junger und vermeintlich gesunder Sportler, die Fragen aufwerfen.

Präventionsmaßnahmen

Auch wenn die Liste der möglichen Nebenwirkung lang ist, so kommen doch immer mehr – zum Teil auch minderjährige – Mitglieder in Fitnessstudios in Versuchung, ihrem Trainingserfolg mit verbotenen Substanzen nachzuhelfen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, bedarf es massiver Aufklärung. Dabei geht es nicht nur darum, die Freizeit- und Fitnesssportler über die Nebenwirkungen aufzuklären, sondern auch darum, die Fitnesstrainer und Studiobesitzer für diese Problematik zu sensibilisieren. Damit sie ihre Studios „sauber“ halten und ihre Mitglieder über Doping und die Nebenwirkungen aufklären. Interessierte Trainer können sich dafür beispielsweise unter www.dopinginfo.de informieren.

In Dänemark hat man in diesem Zusammenhang ein System entwickelt, das Fitness-Centern Anreize gibt, eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber Doping und Medikamentenmissbrauch zu fahren. Jedes Center wird mit einem Smiley an der Tür deutlich sichtbar gekennzeichnet. Ein lachender Smiley bedeutet, dass man Doping-Kontrollen zulässt. Einen weinenden Smiley bekommt jedes Fitness-Center, das sich nicht am Kontrollsystem beteiligt. Die Studios mit den lachenden Smileys werden dann von Mitarbeitern der staatlichen Antidoping-Agentur regelmäßig kontrolliert. Bei diesen Kontrollen nehmen sie Urinproben von Mitgliedern, die durch besonders starke Gewichte oder durch ihre Muskelpakete auffallen. Wer sich weigert oder positiv getestet wird, wird von allen teilnehmenden Studios und den öffentlichen Sportvereinen ausgeschlossen.

Ob sich dieses System auch auf Deutschland übertragen lässt, ist fraglich. Allerdings liefert es einen interessanten Ansatz im Kampf gegen Doping und Medikamentenmissbrauch im Freizeit- und Fitnesssport. In Deutschland sind solche Ansätze bisher leider Mangelware. Studiobetreiber müssen und sollten sich daher selbst verpflichten.


Wie man seine Leistung über eine gezielte aber gesunde Ernährung steigern kann, erfahren Interessierte in der Weiterbildung Sporternährung oder im Rahmen eines fitnessspezifischen Bachelor-Studiengangs.

Dr. Tobias Giegerich ist Diplom Sportwissenschaftler (Schwerpunkt "Prävention und Rehabilitation") und arbeitete bereits in der Fitnessbranche, im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements, als Sporttherapeut in einer Praxis für Physiotherapie und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität. 2016 promovierte er an der TU München im Themengebiet „Gesundheitsbezogene Lebensqualität, sportmotorische Fähigkeiten und kardiovaskuläre Gesundheit bei normalgewichtigen und übergewichtigen bzw. adipösen Kindern und Jugendlichen“.

1 KOMMENTAR

  1. ich bin auch gegen Doping, so wie ich dagegen bin, dass Minderjährige Cannabis rauchen, Zigaretten rauchen, so wie ich auch dagegen bin, dass die Allgemeindroge Alkohol in einem Maße konsumiert wird, dass es für den einzelnen Menschen häufig schädlich ist. Medikamentenmißbrauch fällt in die gleiche Schiene und es gäbe viele ähnliche Beispiele anzuführen. Irgendwo kommt dann auch Extremsport in den körpergefährdenden Bereich.

    Eine Sanktion für den Betroffenen, wie z.B. ein Sportstudio- und öffentl. Sportvereinverbot im Fitnessbereich auszusprechen, ist mMn weit zu übergriffig, kontraproduktiv und verletzt die Freiheitsrechte des Einzelnen. Wird dann eine öffentliche Drogenliste geführt, in die dann jedes Sportstudio hineinschauen kann, ob Person X vor 2 Jahren mal was genommen hat? Mit welchem Recht begründet eine Gesellschaft solche Maßnahmen, wie weit geht das Recht einer Gesellschaft, sich in die privaten Dinge eines Menschen so tief einzumischen?
    Nicht alles, was unerwünscht ist, muss/kann geahndet werden, sonst haben wir irgendwann tatsächlich den virtuellen Polizisten neben uns stehen, der einem den ganzen Tag bezgl. irgendwelcher Regelverletzungen über die Schulter schaut und Zwangsmaßnahmen beschliessen kann, die heftig in das Leben des Menschen eingreifen. Wollen wir das? Wollen wir Listen über Personen, die mehr oder weniger öffentlich sind und auf die jeder, der z.B. Alkohol ausschenkt, oder in einem Sportstudio arbeitet, die beantragende Person überprüfen und dann abweisen kann? Ich möchte solch eine Gesellschaft nicht.

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