Merchandising beim 1. FC Köln – Spürbar anders

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Dennis Steimel, Leiter Merchandising beim 1. FC Köln, gibt interessante Einblicke in seine Arbeit.
Dennis Steimel, Leiter Merchandising beim 1. FC Köln, gibt interessante Einblicke in seine Arbeit.

Fußball hat in Deutschland einen besonderen Stellenwert. Rund 70% der 14 bis 59-Jährigen geben an, Interesse oder großes Interesse an Fußball zu haben. Damit hat der Fußball nicht nur eine besondere gesellschaftliche Bedeutung, sondern ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor mit mehreren Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Und einen nicht unerheblichen Teil davon erzielen die Vereine mit dem Verkauf von Merchandise-Artikeln. Doch im Merchandising gelten etwas andere Regeln als im normalen Handel. Dr. Peter Rohlmann, IST-Dozent und Inhaber der Marketingagentur PR Marketing, und Dennis Steimel, Leiter Merchandising beim 1. FC Köln, gaben an der IST-Hochschule für Management interessante Einblicke in die Strategie der Fußballvermarktung.

Merchandising: Es gibt keine Kunden – Es gibt Fans

Die Zugehörigkeit zu einem Verein ist mit einer hohen Emotionalität verbunden, die nicht alleine durch sportliche Erfolge geschaffen wird. Sie entsteht ebenfalls durch die Verbundenheit zur Stadt, zu Identifikationspersonen oder aus der familiären Fanhistorie. Und genau das stellt die Merchandise-Verantwortlichen vor eine spannende Aufgabe. Auf der einen Seite soll – aus rein wirtschaftlicher Sicht – ein hoher Umsatz erzielt werden, auf der anderen Seite gilt es den Ansprüchen der Fans gerecht zu werden. „Es gibt keine Kunden – Es gibt Fans“ ist die wohl wichtigste Erkenntnis für ein erfolgreiches Merchandising. Wer den „Fan“ nur als Kunden sieht, wird wichtige Entscheidungskriterien nicht berücksichtigen und gefährdet damit langfristig seine Marke.

Selbstverständnis als Grundlage für erfolgreiches Merchandising

Ein Verein, der in wenigen Jahren durch enorme finanzielle Aufwände in die Bundesliga aufsteigt, wird sich niemals als Traditionsverein vermarkten können. Der 1. FC Köln hat dagegen eine lange Geschichte und ist in der Stadt tief verankert. Doch was genau macht die Marke aus? Steimel berichtet, wie durch ausführliche Workshops und Fanbefragungen ein Markenkern gefunden und mit dem Claim „Spürbar anders“ betitelt wurde. Der Slogan soll nicht nur den Verein, sondern auch das Lebensgefühl vieler Kölner beschreiben. Diese Beschreibung dient dabei als Grundlage für die 4Ps (product, price, place, promotion) im operativen Marketing des Merchandisings.

Produkt: Auf die Fans ausgerichtet

Merchandising spürtbar anders!
Merchandising spürbar anders!

„Spürbar anders“ ist in Köln vieles. Es gibt den Kölner Karneval, einen eigenen Dialekt und besondere Identifikationsmale wie den Kölner Dom. Und der 1. FC Köln gehört ebenfalls dazu. Und damit das so bleibt, transportiert der Verein dieses Heimatgefühl in seinen Fanartikeln. So werden bei vielen Fanartikel die Wahrzeichen der Stadt mit Embleme des Vereins kombiniert. Ebenso werden aktuelle Fashion-Trends berücksichtigt und Textilien am Design aktueller Markenprodukte angelehnt. „Spürbar anders“ sind auch einige kreative Fanartikel, wie eine lustige Tasse mit dem Geißbock Hennes, die FC Tuschmaschine oder die jährlich wechselnden Karnevalstrikots – auch wenn der Verein damit nicht jedermanns Geschmack trifft.

Preis: Ein sensibler Umgang ist wichtig

Die Preispolitik ist ein sensibles Thema. Denn mit zu hohen Preise kann man die treusten Fans verprellen und wird als gieriges Wirtschaftsunternehmen abgestempelt. Auf der anderen Seite steht aber die Wirtschaftlichkeit, die auch von außen beeinflusst wird. So bedeutet beispielsweise ein fallender Eurokurs höhere Importkosten, die irgendwie kompensiert werden müssen. Um sich bei diesem Thema nicht zu verschätzen, wurde beim 1. FC Köln eine umfassende Marktforschung gemacht, um Preise zu ermitteln, die von den Fans als fair wahrgenommen werden. Hier wurde im speziellen auch geforscht, welche Merkmale von Fanartikeln besonders gefragt sind. Das der Verein, trotz seinem zwischenzeitlichen Ausflug in die 2. Bundesliga, zu den umsatzstärksten Merchandising-Vereinen zählt, hängt sicherlich auch mit dem sensiblen Umgang in der Preispolitik ab.

Vertriebswege: Hohe Professionalität ist erforderlich

Wie im normalen Einzelhandel erwartet der Kunde oder Fan auch von Vereinen eine hohe Professionalität. Ein guter und übersichtlicher Onlineshop wird genauso vorausgesetzt, wie ein Fanshop mit einer großen Auswahl und einer ausreichenden Produktverfügbarkeit. Dabei wird von den Kunden und Fans immer mehr erwartet, dass alle Vertriebswege miteinander vernetzt sind (Omni-Channel) und Waren aus dem Onlineshop beispielsweise in den Fanshop zu Abholung bestellt werden können. Wer sich im Handel auskennt weiß, welche technischen oder administrativen Aufwände dafür im Hintergrund entstehen.

Vermarktung: Authentisch und kreativ

Merchandising an sich beschreibt die Vermarktung von Personen, Mannschaften oder Dingen, die in einem gesellschaftlichen Fokus stehen. Die Präsenz der Marke „1. FC Köln“ und ihrer Produkte (z.B. aktuelle Trikots) ist in den Medien dadurch bereits gegeben. Doch das alleine reicht nicht, um das Portfolio an Merchandise-Artikel zu präsentieren. Eine FC-Tasse werden die Profi-Spieler eher selten auf dem Platz präsentieren. Das Trainer Peter Stöger aus eigener Überzeugung Textilien aus dem eigenen Sortiment trägt, bringt zumindest Teile der Textilkollektion auf den Platz und in die Medien. Ansonsten müssen die Verantwortlichen von klassischen Online-Marketingmaßnahmen wie Google-Ads bis zum Visiual Merchandising am POS das komplette Maßnahmen-Portfolio im Rahmen ihrer Budgets nutzen. Der Slogan „Spürbar anders“ eignet sich dabei besonders gut, um Aufmerksamkeit auf sozialen Netzwerken zu erzeugen.

Der Vortrag von Dennis Steimel, Leiter Merchandising beim 1. FC Köln, wurde im Rahmen einer Vorlesung von Dr. Peter Rohlmann organisiert und fand im Rahmen des Studiengangs MBA Sportbusiness statt. Studenten des Bachelor-Studiengangs Sportbusiness Management hatten zudem die Möglichkeit, als Gasthörer am Vortrag teilzunehmen.

Daniel Duhr hat nach seinem Studium "Sportwissenschaft und Spanisch" bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) volontiert, für die er viele Jahre als Journalist tätig war. Außerdem hat er als freier Mitarbeiter und Redakteur für verschiedene Medien gearbeitet, unter anderem für die Westdeutsche Zeitung (WZ), den Sport-Informations-Dienst (SID) und die Costa del Sol Nachrichten. Nach vier Jahren als Redakteur in einer Kommunikations-Agentur arbeitet der Buchautor ("www.handballhoelle.de" und www.tennishoelle.de) jetzt beim IST in der Marketing- und Presseabteilung.

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